„Hausaufgaben für die Zukunft"

Drei Fragen an: Theresa Schopper, Kultusministerin in Baden-Württemberg, zur bundesweiten Fachtagung IQB-Bildungstrend am 17.10.2022 in Berlin.

Redaktion: Welche Erwartungen haben Sie als Vertreterin des Landes Baden-Württemberg, aber auch als Veranstaltungspartner an die bundesweite Tagung zum Thema „IQB-Bildungstrend“?

Theresa Schopper: Der IQB-Bildungstrend hilft den Ländern bei ihrer Bildungspolitik. Denn er gibt – neben weiteren wissenschaftlichen Analysen – wichtige Rückmeldungen, mit denen die Länder ihre eigene Arbeit reflektieren können. Daraus entstehen Hausaufgaben für die Zukunft. Darüber mit den Ländern untereinander in Austausch zu kommen, ist wichtig, um durch die gegenseitigen Anregungen auf Landesebene aber auch als Bund voranzukommen. Wir wissen schon jetzt, dass wir etwa noch mehr daran arbeiten müssen, die Basiskompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Das erhöht die Qualität der Bildung und somit auch die Bildungsgerechtigkeit. Hier können wir gegenseitig von den jeweiligen Erfahrungen und Erkenntnissen der anderen Länder profitieren.

„Solch eine Tagung kann ein Impuls sein, um die Begriffe Qualität und Bildungsgerechtigkeit konkret mit Leben zu füllen.“

Theresa Schopper

Und es kommt aufgrund der Pandemie noch etwas hinzu: Der Austausch über wirkliche Bildungsthemen ist auch deshalb wichtig, weil das Pandemiemanagement an den Schulen sehr viele Ressourcen in der gesamten Bildungslandschaft absorbiert hat. Corona ist gewiss nicht vorbei, aber es wäre gut, wenn wir nun wieder mehr den Fokus auf Bildungsthemen lenken können. Und hier kann solch eine Tagung ein Impuls sein, um die Begriffe Qualität und Bildungsgerechtigkeit konkret mit Leben zu füllen. 

Redaktion: Im Juli dieses Jahres wurden bereits erste Ergebnisse zum aktuellen IQB-Bildungstrend veröffentlicht und dabei wurden erhebliche Kompetenzverluste bei Grundschülerinnen und Grundschülern festgestellt, insbesondere bei Kindern aus schwierigen Milieus. Wie bewerten Sie den Befund und welche Konsequenzen ziehen sie daraus?

Schopper: Wir wissen, dass schulischer Erfolg von Kindern und Jugendlichen auch stark davon abhängt, wie sehr sie daheim unterstützt werden (können). Das hat vor allem auch die Corona-Pandemie wie unter einem Mikroskop verdeutlicht. Hier müssen wir ansetzen, wenn wir wirkliche Bildungsgerechtigkeit erreichen wollen. Dafür brauchen wir vor allem auch eine hohe Qualität der Bildung der Basiskompetenzen. Denn solide Deutsch- und Mathematik-Kenntnisse sind das Fundament für einen gelingenden Bildungsweg. Es ist daher gut, dass wir in unserem Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg etwa verankert haben, in die sozialindexbasierte Ressourcensteuerung oder den Einsatz multiprofessioneller Teams einzusteigen.

„Wir haben in unserem Koalitionsvertrag verankert, in die sozialindexbasierte Ressourcensteuerung oder den Einsatz multiprofessioneller Teams einzusteigen.“

Theresa Schopper

Darüber hinaus haben wir weitere Maßnahmen bereits auf den Weg gebracht, so etwa unser erst kürzlich vorgestelltes Projekt „Starke BASIS!“. Wir stärken damit die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte im Bereich der Basiskompetenzen, machen Förderprogramme und Unterrichtsimpulse für sie leichter abrufbar und unterstützen die Schulen bei der Vernetzung untereinander. Genauso gibt es in den anderen Ländern Projekte und Maßnahmen, die darauf abzielen, die Basiskompetenzen und somit die Teilhabechancen zu erhöhen. Hier ziehen wir als Kultusministerkonferenz an einem Strang. Nicht umsonst haben wir etwa die Ständige Wissenschaftliche Kommission beauftragt, ein Gutachten zum Thema „Sicherung von Mindeststandards und Erwerb basaler Kompetenzen für alle Schüler*innen“ zu erstellen, das Perspektiven speziell für die Grundschulen aufzeigen soll.

Redaktion: Wie stellen Sie ganz allgemein sicher, dass die im Rahmen der IQB-Forschung gewonnenen Erkenntnisse bei der Gestaltung der Schulpolitik in BaWü angemessen berücksichtigt werden und können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Schopper: Wir haben die Ergebnisse der IQB-Bildungstrends grundsätzlich bei unseren Überlegungen berücksichtigt. Auch aufgrund der Studienergebnisse haben wir uns zum Beispiel mit dem Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg besser aufgestellt, was die wissenschaftlichen Analysen angeht. 

„Mit einer evidenzbasierten Herangehensweise wollen wir unsere Bildung qualitativ weiter stärken.“

Theresa Schopper

Dort werden nun Studien wie IQB oder VERA für Baden-Württemberg ausgewertet. Mit dieser evidenzbasierten Herangehensweise wollen wir unsere Bildung qualitativ weiter stärken. Ein aktuelles Beispiel, wie wir die Erkenntnisse aus der IQB-Forschung umsetzen, ist die Einführung eines neu entwickelten Referenzrahmens Schulqualität als Teil unseres Qualitätskonzepts. Dieser beschreibt Merkmale guter Schulen und formuliert Qualitätsstandards. Er ist als eine Art Landkarte zu verstehen, die Schulen bei ihren Entwicklungsprozessen Orientierung bietet und ein gemeinsames Verständnis von Schul- und Unterrichtsqualität befördern soll. Das ist auch mit Blick auf die Basiskompetenzen wichtig, denn von der Unterrichtsqualität hängt es entscheidend ab, was bei den Kindern und Jugendlichen am Ende ankommt und hängen bleibt.

Redaktion: Frau Schopper, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.