Wie Schule in der digitalen Welt ankommen kann
Medienkompetenz und die Fähigkeit, digitale Geräte als Werkzeuge zu nutzen – wie das in der Schule gehen kann, darüber diskutierte das Podium 2 auf der Bildungskonferenz in Heilbronn. Eine Zusammenfassung.
Wie gut gehen Lehrende und Lernende mit dem technologischen Fortschritt mit? Wie gelingt der hybride Wandel? Das Aufeinandertreffen von Schule und digitalem Alltag war das Thema des zweiten Podiums auf der aim-Bildungskonferenz in Heilbronn. Schnell wurde dabei klar, dass es hier noch viele Baustellen gibt.
Problematischer Erstkontakt
So sprach Leonie Lutz, Redakteurin, Bloggerin und Gründerin des Projekts „Kinder digital begleiten”, darüber, dass viele Kinder zwar früh, mit zwei, drei Jahren Zugang zu digitalen Geräten bekämen, aber nicht in der richtigen Art und Weise. Lutz: „Sie lernen von Anfang an: Diese Geräte stehen für Konsum. Ich kann mit ihnen Youtube oder Netflix gucken, ich kann in einer App spielen.” Was fehlt, sei jemand aus einer Bildungseinrichtung, der den Kindern schon früh zeige, dass digitale Geräte vor allem auch Werkzeuge sein können. „Mit dem kannst du Stop-Motion machen, zeichnen, programmieren, ein Hörspiel aufnehmen oder einen Podcast.”
Schlüsselfaktor: Medienkompetente pädagogische Fachkräfte
Mandy Schiefner-Rohs, Professorin für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Schulpädagogik an der RPTU Kaiserslautern-Landau, brachte in der Runde relativ früh auf den Punkt, auf was sich alle einigen konnten: Um Kinder und Jugendliche in die digitale Welt mitzunehmen „brauchen wir dringend medienkompetente Lehrerinnen und Lehrer und medienkompetente Schulleitungen. Das ist ein Bereich, in dem wir in Deutschland im ganzen System Aufholbedarf haben.” Deswegen bräuchten unter anderem alle pädagogischen Fachkräfte eine verbindliche Grundbildung zum Thema Medien, befand die Pädagogik-Expertin.
Digitale Überforderung
Aber digitale Kompetenzen aufbauen in einer Zeit von akutem Lehrkräfte- und Zeitmangel? Das sei schwierig, besonders wenn man das Thema Digitalisierung fälschlicherweise als separates Add-On adressiere, so Schiefner-Rohs weiter. Digitalisierung sei kein separater Baustein, sondern ein Querschnittsthema: „Es hat mit allen Fächern zu tun, es gehört überall hin.”
Jacob Chammon, geschäftsführender Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung, wies darauf hin, dass man das Schulsystem mit dem Thema oftmals überfordere: Geräte müssten angeschafft werden, gleichzeitig eine Bedienungskompetenz aufgebaut werden. Und dann müssten sich Schulleitungen und Lehrkräfte auch noch damit auseinandersetzen, wie, „was die Digitalisierung für Implikationen für den Unterricht, für das Lehren und Lernen hat.” Um all dies zu bewältigen, brauche es eine Veränderungskultur, „in der Fehler, als Chance für Entwicklung unverzichtbar sind”.
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Kompetente Führung
Hier seien unter anderem gute Bedingungen von Seiten der Schulaufsicht und Verwaltung gefragt. Und vor Ort gute Schulleitungen. Chammon: „Alle Pädagog:innen sind Digital Leaders.” Ihre wichtigste Aufgabe sei das gemeinsame Ausprobieren, das gemeinsame Lernen. „Ich muss als Leitung nicht immer alles können, nicht jede App meistern. Aber ich muss wissen: Wie gehe ich mit den Veränderungen, die mit der Digitalisierung verbunden sind, in meinem Kollegium um? Wie nehme ich alle Beteiligten mit? Wie nehme ich Ängste? Wie erlaube ich das Lernen? Wie schaffe ich den Raum dafür? Wie verzeihe ich Fehler, wenn es mal schief geht? Was und wie kann ich auch ihnen lernen?”
Unerforscht: Digitalisierung in den einzelnen Fächern
Um Digitalisierung kompetent in die Schule zu bringen, fehle es aber auch noch an Forschung, befand Prof. Dr. Ute Schmidt, Informatikerin und Psychologin mit dem Forschungsschwerpunkt Künstliche Intelligenz, besonders zur Digitalisierung in der Fachdidaktik. Also: Was bedeutet gute Digitalisierung in Deutsch, Mathe oder in naturwissenschaftlichen Fächern? Welche Apps und Programme sind hier jeweils überhaupt nützlich? Schmid: „Einfach nur digitale Endgeräte nutzen, macht keine bessere Didaktik. Wir müssen uns sehr gut überlegen – und umso jünger die Kinder sind, umso mehr – wie und wann nutze ich digitale Medien und wann nicht? Wo setze ich sie ein, wo ist auch künstliche Intelligenz nützlich?”
Gute und schlechte Digitalisierung
Ein gutes Beispiel für KI im Unterricht seien intelligente Tutorensysteme für Phasen individualisierten Lernens, führte Prof. Dr. Ute Schmidt aus. Diese Systeme hätten die dafür nötigen Daten, etwa über Rechenoperationen und seien dadurch in der Lage, Schüler:innen-Lösungen zu analysieren und die zu Grunde liegenden Misskonzepte zu identifizieren. „Die KI soll dann eben nicht nur sagen: ‘falsch, hier ist die richtige Lösung’, sondern den Lösungsweg an einer ähnlichen Aufgabe vorrechnen und Lernen auslösen.”
Bedenklich seien dagegen sogenannte „intelligente Dashboards”, die auf Basis von teils sehr dünnen Datenlagen ein Social Scoring für Kinder darstellten. Hier müsse man genau hinschauen, welche Rollen man digitalen Technologien wirklich einräume – und durchaus kritisch die Angebote prüfen.
Medienkompetenz lehren ohne digitale Medien
Und manchmal sei es durchaus sinnvoll und möglich, digitale Kompetenzen ganz ohne digitale Geräte zu unterrichten, führte Prof. Dr. Schiefner-Rohs aus. Medienkompetenz bedeute auch, zu wissen, wofür Medien gebraucht würden – und wofür nicht. „Wir tun im deutschen Schulsystem so, als ob Medienkompetenzförderung oder digitale Bildung in der Schule nur mit Medien geht.” Das sei aber nicht der Fall. „Die Fragen, um die es geht, kann ich auch komplett ohne digitale Geräte behandeln.”
Eins sei aber auch klar: Sich wegducken vor der Digitalisierung bringe nichts, führte Leonie Lutz aus, Medienverbote seien „totaler Quatsch”, befand die Autorin: „Wir müssen alle in dieser digitalen Welt leben. Das ist kein Schnupfen, der wieder weg geht.” Die Transformation schreite voran „und wir haben nur die Chance, damit klarzukommen, wenn wir damit üben.”
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