Drei Fragen an Frank Wagner
Schulleiter der Gebrüder-Grimm-Schule in Hamm
Das Online-Magazin schulmanagement sprach mit Frank Wagner über Bildungspartnerschaften mit Eltern und den wertschätzenden Umgang mit Schülerinnen und Schülern in der Pandemie.
Frank Wagner ist seit 14 Jahren Schulleiter an der Gebrüder-Grimm-Schule im nordrhein-westfälischen Hamm. Die zweizügige Grundschule mit acht Klassen und insgesamt 240 Schülern befindet sich in einem Umfeld, das als als sozialer Brennpunkt gilt, der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund liegt bei etwa 55 Prozent. 2019 wurde die Schule mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet.
Redaktion: Herr Wagner, wie sind Sie an Ihrer Grundschule während der Pandemie mit den Eltern in Kontakt geblieben?
Frank Wagner: Zu Beginn der Corona-Pandemie haben wir viele intensive Telefongespräche geführt. Die Lehrkräfte saßen alle zusammen im Lehrerzimmer, das Handy am Ohr. Zu Beginn haben wir jeden unserer Schülerinnen und Schüler zweimal die Woche angerufen. Wir haben das natürlich vor allem für die Kinder gemacht, haben aber schnell gemerkt, dass auch die Eltern großen Gesprächsbedarf hatten. Dem haben wir uns gestellt. Der Kontakt zu den Eltern hat sich dann in Messenger-Dienste verlagert: Wir haben bis heute WhatsApp-Gruppen für jede Klasse, in denen sich Eltern und Lehrkräfte austauschen. So kriegen wir sehr schnell mit, wenn Unsicherheit oder Unmut entstehen, so dass wir direkt in den Dialog gehen können. Außerdem können wir über diesen direkten Weg etwa Informationen aus dem Ministerium einfach und verständlich zusammengefasst an die Eltern weitergeben. Unsere Erfahrung ist, dass die Eltern dafür extrem dankbar sind.
Redaktion: Ist dieser intensive Kontakt mit den Eltern nicht ein erheblicher Mehraufwand für die Lehrkräfte?
Wagner: Tatsächlich waren die intensiven Telefongespräche, die wir in den ersten Wochen der Pandemie geführt haben, eine erhebliche Mehrbelastung und so nicht durchzuhalten. Grundsätzlich stellt sich hier jedoch eine entscheidende Frage: Wie baue ich Vertrauen zu den Eltern im schulischen Normalbetrieb auf? Leider ist es an vielen Schulen üblich, nur zu agieren, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist; die meisten Eltern erwarten instinktiv schlechte Nachrichten, wenn sich die Schule meldet. Wenn ich mich als Schule aber auch melde, um Hilfe anzubieten oder wenn das Kind etwas Gutes oder Erfreuliches geleistet hat, dann ist das zwar zunächst eine Zusatzbelastung, aber es baut Vertrauen auf. Und wenn dann etwas Negatives zu besprechen ist – eine mangelhafte Leistung, ein Streit mit einem anderen Kind – dann habe ich eine ganz andere Gesprächsebene und spare dann als Lehrkraft auch Zeit und Nerven.
Redaktion: Welchen Ansatz pflegen Sie an Ihrer Schule im direkten Umgang mit den Schüler:innen – während der Pandemie, aber auch generell?
Wagner: Wir setzen im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern auf Wertschätzung, Vertrauen und das Erlernen von selbst motiviertem Lernen. Wir führen etwa direkt vor unseren Elternsprechtagen sogenannte Schülersprechtage durch. Da nimmt sich jede Klassenlehrkraft 10 bis 15 Minuten Zeit für jede Schülerin und jeden Schüler, um mit ihnen den Leistungsstand zu besprechen. Dabei geht es dann aber ausdrücklich nicht darum, nur kritisch zu sein. Im Gegenteil, wir versuchen den Kindern in erster Linie Wertschätzung entgegenzubringen, zeigen ihnen, wo ihr Potenzial und Talent liegen. Und dann werden natürlich auch die Bereiche angesprochen, in denen sie noch mehr tun können. Die Kinder genießen das sehr und gehen motiviert aus diesen Gesprächen heraus. So entstehen Vertrauen, eine emotionale Bindung – und schlussendlich auch die erhoffte Leistungssteigerung.