Wie Lehrer:innen und Schulleitungen Social Media zur Weiterbildung nutzen können

Instagram, Twitter und Co. bieten viele Möglichkeiten für neues Wissen und neue Ideen. Studien zeigen, wie Lehrkräfte Social Media für sich nutzen können.

Sich durch Instagram oder Twitter zu scrollen, kann für Lehrer:innen und Schulleitungen beruflich sinnvoll sein. Forschende haben untersucht, welchen Nutzen die Plattformen für die Professionalisierung schulischer Fachkräfte haben.

Die Hälfte der Deutschen nutzt laut Statistischem Bundesamt mittlerweile das soziale Netzwerk Instagram. Auch wenn es vor allem ein visuelles Netzwerk ist, gibt es nicht wenige Lehrerinnen und Lehrer, die im Schulalltag von Instagram profitieren. „Wenn Lehrkräfte Instagram nutzen, kann das auf verschiedene Weise emotional unterstützend wirken. Instagram kann für Lehrkräfte ein Ort sein, um Wertschätzung und Anerkennung zu erhalten“, erklärt Dr. Eric Richter, der an der Universität Potsdam dazu geforscht hat, wie Lehrkräfte Instagram nutzen und inwiefern sie vom Scrollen profitieren.

Die Forschenden um Eric Richter haben 249 Lehrerinnen und Lehrer aus Deutschland befragt, wofür sie Instagram nutzen, und sie in drei verschiedene Nutzungstypen eingeteilt: Diejenigen, die dort Informationen suchen, diejenigen, die Informationen wie Unterrichtsideen teilen und diejenigen, die über Instagram mit anderen zusammenarbeiten.

Instagram als häppchenweise Weiterbildung?

„Lehrkräfte, die innovative und kreative Inhalte finden, könnten inspiriert und motiviert werden, neue Unterrichtsideen oder innovative Methoden in ihrem eigenen Unterricht auszuprobieren und sich weiterzuentwickeln“, erklärt Richter. Darauf deuteten die Forschungsergebnisse hin. Lehrkräfte, die Instagram häufiger für die Suche nach Informationen nutzen, fühlten sich laut der Studie besser mit Materialien versorgt. „Instagram kann dazu beitragen, das pädagogische Repertoire von Lehrkräften zu erweitern und den Unterricht abwechslungsreicher und ansprechender zu gestalten.“

„Wer Unterrichtsideen, -projekte oder -erfolge auf Instagram teilt, erhält hierzu oftmals eine Vielzahl positiver Rückmeldungen und Anerkennung von Kolleg:innen.“

Eric Richter fand heraus, dass Lehrkräfte, die mehr Enthusiasmus für ihren Beruf haben, häufiger nach relevanten Infos und Unterrichtsinhalten auf der Plattform suchen. Lehrerinnen und Lehrer, die sich wiederum als besonders selbstwirksam erleben, teilen ihre Unterrichtsinhalte hier laut der Studie besonders häufig mit anderen. „Instagram kann für Lehrkräfte außerdem auch ein Ort sein, um sich zu vernetzen, auszutauschen und zu merken, dass sie mit ihren Problemen aus dem Unterricht oder dem Lehrerzimmer nicht allein sind“, meint Richter.

Bestimmte Hashtags führen zu influencenden Lehrkäften

Influencende Lehrkräfte gibt es reichlich: Schulleiterin Anna Fröhlich teilt unter dem Namen _anna.froehlich_ Einblicke und Best-Practice Beispiele aus ihrem Arbeitsalltag, genauso wie Benjamin Fuchs, bei Instagram als schulleiter_fux unterwegs. Leonie Lutz bietet Inhalte und Inspiration im Themenbereich Digitale Medien und Kinder unter dem Namen Kinderdigitalbegleiten. Userin ideenreiseblog ist nach eigenen Angaben Grundschullehrerin aus Bayern und teilt Unterrichtsideen mit mehr als 100.000 Followerinnen und Followern. Sie und weitere Schul-Influencerinnen und -Influencer findet man zum Beispiel mit den Hashtags #instalehrerzimmer und #teachersoninstagram.

US-Forscher untersuchten in einer Studie, welche Inhalte Influencende aus dem Bildungsbereich posten. Sie identifizierten dabei vier Hauptthemen: Werbung für Produkte und sich selbst, Motivations-Posts, Förderung von Engagement und Impulse für Unterrichtsinhalte. Die Forschenden schlussfolgerten daraus, dass influencende Lehrkräfte die Vernetzung von Unterrichtenden erleichtern, Motivationsbotschaften bereitstellen, Ressourcen teilen und authentische Beispiele aus der Unterrichtspraxis liefern.

„Es gilt nicht unbedingt ‚Je mehr Instagram, desto besser‘ “

Doch der Nutzen solcher Social-Media-Plattformen ist nicht unbegrenzt. Eric Richter untersuchte beispielsweise, was eine besonders intensive Nutzung von Instagram für Auswirkungen hat. „Überraschend war für uns die Erkenntnis, dass eine zunehmende Nutzung nicht immer positive Effekte mit sich bringt. Lehrkräfte, die mehr Zeit in die Suche nach pädagogischen Inhalten bei Instagram investieren, fühlen sich paradoxerweise weniger informiert als andere.“ Über die Gründe dafür kann er nur mutmaßen: „Es könnte sein, dass Lehrkräfte nicht über ausreichende digitale Kompetenzen verfügen, um die für sie passenden Inhalte zu finden. Möglicherweise ist auch der Algorithmus der Plattformen nicht präzise genug, um den Lehrkräften die für sie relevanten Inhalte anzuzeigen.“

Twitter als Informations- und Austauschquelle

Auch die Plattform Twitter wurde in verschiedenen Studien schon daraufhin untersucht, inwiefern Unterrichtende und Schulleitungen das Netzwerk für informelle Weiterbildung nutzen können. Eine Studie der Universität Tübingen und der University of Michigan kam zu dem Schluss, dass Lehrerinnen und Lehrer sich bei Twitter vor allem über aktuelle Themen und Probleme austauschen. Die Hashtags„#twlz”, „#twitterlehrerzimmer”, „#tlz”, „#lehrerzimmer”, „#twitterlz,”, „#twitterkollegium" und „#edchatDE" sind dabei besonders ergiebig.

In einer noch nicht veröffentlichten Studie der Uni Tübingen kamen Forschende zu dem Schluss, dass Twitter in gewisser Weise eine Online-Gemeinschaft zur Weiterbildung darstellen kann. Dr. Christian Fischer leitete die Studie und fasst das Ergebnis so zusammen: „Nicht jedes Mal, wenn sich eine Lehrkraft mit einer anderen bei Twitter austauscht, würden wir das sofort als eine Fortbildung sehen, sondern eher, wenn Personen sich über einen längeren Zeitraum bei Twitter bewegen, sich dort über ihre Probleme austauschen und daraus resultierend ihren Unterricht verändern.“

Bestimmte Fächer besonders bei Twitter vertreten

Die Auswertung der 2,5 Millionen Tweets, die in der Studie untersucht wurden, hat ergeben, dass sich Lehrkräfte viel über praktische Themen austauschen, beispielsweise über Digitalisierungsprobleme und -lösungen. „Eine informelle Plattform wie Twitter hat viele Vorteile: Sie ist sehr flexibel, Lehrpersonen können jederzeit und an jedem Ort mit individueller Intensität zu bestimmten Themen Informationen bekommen. Eine traditionelle Fortbildung frisst dagegen oft sehr viel mehr Zeit und Ressourcen.“

„Überraschend war für mich, wie viele Interaktionen von Lehrkräften bei Twitter zu sehen sind“, sagt Studienleiter Fischer. Besonders stark wurden Inhalte aus den Fächern Deutsch, Informatik und Religion diskutiert, aber auch Musik und Geschichte – MINT-Fächer eher weniger. Er gehe davon aus, dass bestimmte Lehrkräfte und Schulleitungen besonders von Twitter profitieren können: „Wenn ich beispielsweise der einzige Physik-LK-Lehrer im Umfeld bin, kann es für mich besonders wertvoll sein, bei Twitter ein Netzwerk mit Personen aufzubauen, die ähnliche Probleme haben.“

Fast ausschließlich korrekte Infos

Fischers Forschungsteam trieb auch die Frage um, inwiefern fachliche Infos bei Twitter korrekt sind. Um das herauszufinden, arbeiteten die Forschenden mit Fachdidaktikern der Fächer Physik und Mathematik zusammen, um 3.000 Tweets zu analysieren. Über das Ergebnis waren sie gleichermaßen überrascht: „Wir können sagen, dass zumindest für diese Fächer in unserem untersuchten Zeitraum so gut wie alle geteilten Infos korrekt waren. Wir haben von den 3.000 Tweets nur zwei oder drei Tweets gefunden, die in einem Graubereich waren, was die Korrektheit betrifft.“

Zur Person

Dr. Eric Richter vertritt aktuell die Professur für Erwachsenenbildung, Weiterbildung und Medienpädagogik an der Universität Potsdam. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Professionalisierung von Lehrpersonen und die Digitalisierung in der Lehrpersonenbildung."

Zur Person

Prof. Dr. Christian Fischer ist Tenure Track-Professor für Educational Effectiveness an der Universität Tübingen. Zu seinen Forschungsinteressen gehören Lehrerbildung und  Digitalisierung.